Meine erste Reise aus dem Rucksack 2

VALLADOLID, CHICHÉN ITZÁ UND TIKAL

Von Tulum ging es mit dem Bus erster Klasse (sehr komfortable Sitze und Klimaanlage) weiter nach Valladolid. Valladolid liegt ziemlich mittig zwischen Canún und Merida, in einer sehr zentralen Lage im mexikanischen Bundesstaat Yucatan. Vallodolid, auch die weiße Stadt genannt, ist mit ihren knapp 40.000 Einwohnern eine typische mexikanische Kleinstadt, zu deren Sehenswürdigkeiten vor allem die weiße Kathedrale aus der Kolonialzeit sowie der Stadtpark gehören. Doch Valladolid hat als Sprungbrett für Ausflüge wesentlich mehr zu bieten: Zum einen wäre hier das weltbekannte Chichén Itzá zu nennen und zum anderen gibt es diverse Cenotes zu besichtigen. So machten wir uns am Tag nach der Ankunft auf den Weg, die nächste antike Mayastätte zu besichtigen.

 

Chichén Itzá gehört seit 1988 zum UNESCO-Kulturerbe und ist eine der bekanntesten Mayaruinen überhaupt. Auch hier der wichtige Tipp: Fahren Sie so früh wie möglich hin, bereits mittags ziehen unzählige Scharen von Touristen über das Gelände. Chichén Itzá liegt etwa 50 Minuten Busfahrt von Valladolid entfernt; um 7:30 Uhr Abfahrt mit dem Colectivo oder 8:15 Uhr Abfahrt mit dem Oriente Bus würde ich empfehlen. Einen Tag haben wir darauf verwendet, die umliegenden Cenotes zu besichtigen. Ein Cenote ist ein dolienartiges Kalksteinloch, das durch den Einsturz einer Höhlendecke entstanden und mit Süßwasser gefüllt ist. Über die konkrete Bedeutung und Nutzung der Cenotes wissen die Wissenschaftler leider noch nicht besonders viel. Doch im karibischen Teil Mexikos gibt es weit über 1.000 von diesen Cenotes. Wissenschaftliche Exkursionen haben bereits unzählige Gebeine sowie materielle Beigaben einer Opferung aus den bis zu 15 Meter tiefen Wasserbecken gefördert. Besonders zu empfehlen ist die Cenote Samulé.

 

Unsere letzte große Attraktion in Mexiko war dann der Nationalpark Reserva de la Biosfera Sian Ka’an in der Nähe von Tulum. Hier kann man einen kleinen Blick in die Vergangenheit werfen und sehen, wie die ganze Region einst ausgesehen haben muss: ein riesiger Mangrovenwald. Ein absolutes Muss für jeden Naturfreund; hier bekommt man viele wertvolle Informationen über Flora und Fauna der gesamten Region (Yucatan und Quintana Roo). Wir hatten eine Tagestour gebucht und wurden direkt im Hotel abgeholt und mit einem antiken DKW Munga in das Reservat gebracht. Abschließend sind wir dann durch einen kleinen Fluss mitten durch die Mangroven geschwommen. Noch heute frage ich mich, ob unser Tourguide es ernst meinte, als er sagte, es gäbe auch Krokodile in den Sümpfen, oder ob er nur unsere Abenteuerlust anheizen wollte. Wir haben jedenfalls kein Krokodil gesehen. Etwas enttäuschend.

Dann verließen wir Mexiko und als nächstes stand bei uns Guatamala auf dem Reiseplan. Wir fuhren mit dem Bus von Chetumal, Mexiko über Belize City, Belize, weiter nach Flores, Guatemala. Die Reise dorthin war recht abenteuerlich. Unser Reisegfährt war ein Minibus, ein sehr kleiner Minisbus, das Gepäck wurde oben aufs Dach geschnürt. Klimaanlage hatten wir nicht, dafür saßen wir eng aneinander gepresst – es war eine sehr lange Fahrt. Der Grenzübergang zwischen Belize und Guatemala ist ein kleiner staubiger Weg, der von ein paar Soldaten bewacht wird. Wir mussten aussteigen, um uns Ein- und Ausreisestempel zu holen – natürlich werden die Touristen bei solchen Situationen doppelt zur Kasse gebeten. Die Menschen wuschen ihre Kleider in dem kleinen Flussarm direkt neben dem Grenzhäuschen. Dann ging es weiter. Die Straße wurde immer schlechter und wir fuhren – vorbei an unzähligen Zuckerrohrfeldern – immer weiter in den tropischen Regenwald hinein. Als wir endlich ankamen, da sagte mir Christian dann, dass dies eine der fünf gefährlichsten Busreisen der Welt gewesen sei! Ich fragte ihn amüsiert, woher er diese Information hätte, ob es da eine neue Sendung im TV gegeben hat: “Die fünf gefährlichsten Busreisen der Welt”. Ich scherzte ein wenig. Christian hingegen entgegnete mir, dass er diese Informationen vom Auswärtigen Amt hätte. Nun ja, also doch halbwegs seriös, dachte ich. Schließlich mussten wir ein paar Tage später auf dem selben Weg zurück.

Flores – da denke ich sofort an eine kleine blühende Stadt. Direkt am großen See Petén Itzá habe ich mir sogar ein halbwegs romantisches Ambiente versprochen. Doch als wir in der kleinen Stadt mit nur 15.000 Einwohner ankamen, war der erste Eindruck ein ganz anderer: sehr ärmliche Verhältnisse, nicht ein schönes Gebäude, dafür unzählige Leitungen, die zwischen den Häusern hingen. Unserer Zimmerdusche war nicht zu trauen, denn warmes Wasser gab es nur durch den Durchlauferhitzer, der wiederum nicht gut angeschlossen war und wir beim Duschen jedes mal leichte Stromschläge bekamen. Aber was soll’s? Wir wollten auch gar keinen Luxusurlaub in einem tollen Ressort, wir wollten Abenteuer. Am nächsten Tag wurden wir damit ausreichend belohnt.

Im Grunde gab es für uns nur einen einzigen Grund, nach Flores zu kommen. Nein, es gab eigentlich nur einen einzigen Grund, überhaupt nach Guatemala zu kommen: Tikal. Am Morgen nach der Ankunft in Flores ging es dann direkt nach Tikal. Wir standen bereits um kurz vor 4 Uhr auf und wurden keine Stunde später mit dem Bus abgeholt. Eine gute dreiviertel Stunde später befanden wir uns inmitten des Regenwaldes. Tikal kennen Sie vielleicht aus dem Film “Apocalypto”. Einst war Tikal die bedeutenste Stadt der Maya des gesamten Gebietes, in der etwa eine Million Menschen lebten. Sie können sich kaum vorstellen, wieviel Lärm es im Regenwald kurz vor dem Sonnenaufgang gibt – nun sind alle Tiere aktiv. Noch in der Dunkelheit stiegen wir auf den Jaguartempel, auf dem wir die nächsten Stunden erhaben verweilten, während die Sonne langsam am Himmel auftauchte. Nun konnten wir erkennen, dass wir komplett vom Regenwald umgeben waren. Wohin wir auch guckten – es gab nur Bäume und inmitten dieses Dschungels stachen dann plötzlich die verschiedenen Tempel Tikals über den Baumkronen hervor. Ein malerisches Bild, das ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Noch etwa zwei Stunden nach dem Sonnenaufgang gab es eine große Nebeldecke über den Baumkronen, die bis zum Mittag dann komplett verschwunden war und es nur noch den endlos blauen Himmel über uns gab. Wir liefen die Dschungelpfade entlang, geführt von einem sehr guten Tourguide, der uns viel über Tikal zu erzählen hatte. Gerne begann er seine Erklärungen schmunzelnd mit den Worten: “According to Mel Gibson…” (Mel Gibson führte Regie beim Film “Apocalypto”).

Irgendwann nahm ich ihn mir mal kurz zur Seite und fragte, ob Mel Gibson denn historisch genau geblieben wäre. Unser Tourguide erwiderte, dass man es nicht wissen könne, da uns leider nicht besonders viel über die Maya bekannt sei. Wir wissen einiges über die Gebäude und dass sie viele Kenntnisse über die Sterne haben mussten (das geht aus den Kalendern hervor), doch über das Volk selbst ist so gut wie nichts bekannt, da es kaum Schriftstücke gäbe. Für uns spielte neben dieser wunderbaren Lage inmitten des Regenwaldes noch etwas anderes eine tragende Rolle dafür, dass Tikal fortan zu unserem Top-Highlight des gesamten Urlaubes wurde: Tikal ist den meisten Menschen nämlich noch kaum ein Begriff und so gibt es dort kaum Touristen. Wir liefen mit unserer kleinen Gruppe völlig einsam durch das Gelände, so dass wir uns ein wenig wie Indiana Jones fühlen durften. Diese Abenteuerlust wurde zusätzlich genährt, da alle Tempel über nebenstehende Holztreppen zu erklettern waren. Ich sage es mal so: Der deutsche TÜV hätte dort nicht sein Siegel verliehen! Beim Erklettern des einen Tempels ist sogar eine meiner Holzstufen angebrochen. Wir sahen ein paar Wolfsspinnen und uns wurde von Giftschlangen berichtet, die wir allerdings nicht zu sehen bekamen. Tikal besticht ebenfalls durch den Fakt, dass die Stadt noch immer bis zu 80 Prozent unerforscht und noch nicht einmal ausgebuddelt wurde. Mein Tipp: Fahren Sie hin, noch bevor die Massen in ein paar Jahren auch Tikal erreicht haben werden. Es gibt nur noch sehr wenige Plätze auf unserem Planeten, die noch so unentdeckt sind, wie Tikal. Ich persönlich hätte am liebsten eine archäologische Exkusion hierher unternommen.

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