Valentino Brasilero
Gol da Alemanha
Das Leben in Brasilien ist nicht immer einfach, schon gar nicht, wenn man den typischen europäischen Luxus gewöhnt ist. Doch wenn man flexibel in den Tag hinein schaut, so gibt es kaum ein Hindernis, das nicht überwunden werden kann. Manchmal muss man eben kreativ sein, manchmal muss man geduldig sein, doch nie sollte man zu sehr auf eine bestimmte Methode fixiert sein.
Kleinigkeiten können doch so unglaublich unterschiedlich sein. So ist ein Einkauf im Supermarkt in Brasilien ein geduldiges Abenteuer - beziehungsweise bist du als Einkäufer mehr der geduldige Part, oder solltest es sein.
Das Leben in Brasilien ist nicht immer einfach, schon gar nicht, wenn man den typischen europäischen Luxus gewöhnt ist. Doch wenn man flexibel in den Tag hinein schaut, so gibt es kaum ein Hindernis, das nicht überwunden werden kann. Manchmal muss man eben kreativ sein, manchmal muss man geduldig sein, doch nie sollte man zu sehr auf eine bestimmte Methode fixiert sein.
Kleinigkeiten können doch so unglaublich unterschiedlich sein. So ist ein Einkauf im Supermarkt in Brasilien ein geduldiges Abenteuer - beziehungsweise bist du als Einkäufer mehr der geduldige Part, oder solltest es sein.
Wer kennt nicht diese Situation an der Kasse in einem deutschen Supermarkt? Endlos lange Schlangen, an denen es einem selbst immer viel zu langsam voran geht, solange bis man selbst dran ist. Manch ungeduldiger - und Ungeduld ist ja mittlerweile eine deutsche Tugend geworden - ruft quängelnd gerne mal nach der Öffnung einer weiteren Kasse. Der direkte Vordermann oder die Vorderfrau ist natürlich chronisch zu langsam. Warum packt er seinen Krams nicht erst einmal einfach in den Einkaufswagen und sortiert es später nach Kartongrösse und Gewicht in seinen Karton oder die Einkaufstasche? Oh, nun hat er einen Moment nicht schnell genug gehandelt und alles gerät ins Stocken! Warum zum Teufel hat er das Geld nicht schon vorher passend abgezählt? Rechnet er beim Einkaufen denn etwa nicht die Preise mit? Oh nein, der Depp hat seine PIN falsch eingegeben und nun muss er die Karte noch einmal durch das Lesegerät ziehen! Ja, weiß der Bengel denn gar nicht, dass ich gleich noch einen Zahnarzttermin habe, bevor ich die Kinder vom Sport holen muss? Und wenn Sie dann selbst an der Reihe sind, dann spüren sie förmlich die Augen ihres Hintermannes auf dem Rücken brennen. Dann legen Sie los, als würden Sie für die nächste Einkaufsweltmeisterschaft probehalber den Einkaufswagen einräumen. So schnell schafft das ja wohl kein Mensch - dafür hab' ich mir mal ne eins mit Sternchen verdient. Wehe, die Olle lobt mich dafür nachher nicht, wenn ich ihr davon stolz berichte. Mit dieser Einstellung werden Sie in Brasilien garantiert an der Kasse verfaulen!
Ich persönlich hab' da schon so manchen Einkauf verlebt, der länger als so mancher Urlaub andauerte. Am Anfang war ich da natürlich genau wie sie! Was hab' ich mich da schon aufgeregt, die Kasse noch einmal nach einer halben Stunde gewechselt, weil es den Anschein machte, drüben ginge es etwas schneller - die Brüder und Schwestern aus dem Osten wissen, wovon ich rede... Nun fängt der Typ doch tatsächlich an, erst einmal alles in einer Engelsgeduld in etwa 300 verschiedene Plastiktüten einzuräumen und verliert für die nächsten 30 Minuten nicht einmal einen Gedanken daran, zu bezahlen! Gott, ich will nach Hause! Dann zählt er sein Geld in der Brieftasche, nur um letztlich festzustellen, dass es nicht reichen wird. Da will ich das Zahlen ja schon fast für ihn übernehmen... Also kommt letzten Endes doch noch seine gute alte Debitkarte zum Zuge. Mit ungeduldigen Kommentaren versuche ich den Vordermann zum schnelleren Handeln zu überreden, doch der gibt sich brasilianisch gelassen und unbeeindruckt. Und dann endlich komme ich doch noch an die Reihe. Die Erlösung, dachte ich! Natürlich war das der Moment, an dem kein Wechselgeld mehr in der Kasse vorhanden war und es wiederum eine gefühlte Ewigkeit dauerte, bis die Dame auf Inlineskates neues Geld heran schaffte. Auch in dieser Zeit wurden ganze Fußballspiele entschieden!
Und gerade in dem Moment, in dem man sich an ein bestimmtes Rezept gewöhnt hat, hauen die Brasilianer so ganz einfach mal eben ein neues Gewürz in den Brei! Als wäre es das Normalste der Welt. Da stand ich also mit Lissandra im Supermarkt, noch schnell ein paar Sachen für ein gemütliches Abendessen einkaufen und dann ab nach Hause. So der Plan. Es war Freitagabend und es regnete schon eine ganze Weile. In São Paulo regnet es im Übrigen sehr sehr häufig, früher sogar noch mehr, weshalb die Stadt auch Cidade da garoa - Stadt des Sprühregens genannt wird - aber das ist eine ganz andere Geschichte.
Wir standen vor dem Regal für Hundefutter und suchten gerade ein paar leckere Snacks für Nina aus, als plötzlich einfach das komplette Licht im Supermarkt ausging. Zapp - alles war düster und blieb es auch. Ich hörte die ersten Menschen grölen - sie sagten: Gol da Alemanha, also Tor für Deutschland! Seit diesem legendären 7:1 in der WM 2014, als die deutsche Nationalmannschaft die Brasilianer derartig abschoss, so dass die Deutschen danach am Besten das Fußballspielen hätten einstellen sollen, nie wieder angetreten wären, um auf dem Gipfel des Triumphs zu baden, da ist gol da Alemanha hier ein geflügeltes Wort für jede Gelegenheit geworden, die tüchtig in die Hose geht: Die Ehefrau brennt mit einem neuen Liebhaber durch - gol da Alemanha. Auf der Autobahn platzt ein Reifen - gol da Alemanha. Auf der Arbeit wird rationalisiert und Sie sind mit dabei - gol da Alemanha. Diese Redewendung fand dann noch etliche Varianten, so dass in jüngster Zeit gerne von einem erneuten 7:1 in der Politik die Rede ist...
Wir standen da also im Dunkeln des Supermarktes und ich hoffte noch für den ersten Moment, dass bald ein Generator oder ein Notstromaggregat anspringen würde, doch Lissandra wusste es besser! Die ersten Taschenlampen und Handys gaben zumindest ein bisschen Helligkeit zurück und so konnten wir uns den Weg aus dem Supermarkt und zum Auto erkämpfen, natürlich mussten wir unsere Lebensmittel zurück lassen. Überall war der Strom weg! Eine Metropolregion mit 20 Millionen Einwohnern lag komplett im Dunkeln. Nun glauben Sie vielleicht noch, dass dies eine Ausnahme wäre - eben so wie bei diesem 7:1, doch passiert das Ganze in einer beständigen Regelmäßigkeit - meist wenn es regnet. Hatte ich Ihnen erzählt, wie diese Stadt noch genannt wird? Etwa fünf Stunden später ging der Strom dann doch wieder an.
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